Das Märchen vom bösen Nitritpeak
Es war einmal ein mysteriöser Giftstoff, Nitrit genannt, der in neu eingerichteten Aquarien oft zu Tod und Verderben führte. Früher vor dem Zeitalter des Internets, als die Menschen noch unwissend waren, wussten nur die Weisesten unter den langjährigen Aquarianern von der Existenz und von der Entstehung dieses Giftes. Die Unwissenden verloren beim Neueinrichten von Aquarien nur selten Fische, da sie sich an die allgemein bekannten Weisungen der Weisen hielten:
- Nicht alle Fische gleichzeitig einsetzen und wenig füttern.
- Wenn die Fische sich auffällig verhalten, die Hälfte des Wassers wechseln.
So konnte das Nitrit über viele, viele Jahre kaum Schaden anrichten.
Doch seit dem im Internet viele hunderttausende Weisen ihr reichhaltiges, mühevoll erworbenes Wissen in sogenannten Foren (Schwatz- und Laberecken) unter den immer weniger werdenden Unwissenden verbreiten, gibt es ein Schreckenswort, das die Wässerer der Aquarien vergiftet “Nitritpeak”!!!! Überall in den Foren taucht der Nitritpeak auf und verbreitet Panik unter den Unwissenden. Doch keine Sorge: Die vielen Wissenden helfen mit ihren Erfahrungen. Leider reden sie alle durcheinander, zu undeutlich, raten zu gegensätzlichen Hilfsmaßnahmen oder verweisen an die Zauberer, die ein großes Sortiment an teuren Gegenmitteln bereithalten. So tuen die Unwissenden aus lauter Verwirrung selten das Richtige, müssen ihren Fischen beim Sterben zu sehen und verlieren nicht selten den Spaß an der Aquaristik. Die echten Wissenden haben sich meist schon lange aus den Foren zurückgezogen, weil die Neu wissenden die erfolgversprechenden Weisungen mit langen Postings ihrer eigenen Erfahrungen verwässerten oder die richtigen und helfenden Ratschläge mit ungläubigem Spott überhäuften. Ein glückliches Ende wird es wohl nicht geben.
Ich will nicht bestreiten, dass es Nitrit gibt und es Fische töten kann, aber da es ein Stoff ist, der die Fische ersticken lässt und nicht vergiftet im allgemeinen Sinn, reicht ein größerer Wasserwechsel aus, um im Moment die Gefahr für die Fische zu Beseitigenden. Nitrit oxidiert mehr Hämoglobin zum Metahämoglobin, als der Fisch durch Enzyme zurückwandeln kann und deshalb kann der Blutkreislauf den Fisch bei Anwesenheit von Nitrit nur unzureichend mit Sauerstoff versorgen. Im Prinzip kommt es bei neu eingerichteten Aquarien nur deshalb zu einer Anhäufung von Nitrit, weil die nitritproduzierenden Bakterien schneller wachsen als die Nitritabbauenden. So kann es beim Abbau von Eiweißen in einem neu eingerichteten oder zu gründlich gereinigten Aquarium zu einer Nitritanhäufung kommen. Aus die Entstehung des Nitrits als ein Abbauprodukt von Eiweiß will ich nicht weiter eingehen, da gibt es im Internet viele gute Schaubilder und Erklärungen.
Ich richte schon seit vielen Jahren neue (Gesellschafts-) Aquarien wie folgt ein: Becken mit Bodengrund, Deko, reichlich Pflanzen, Technik und Wasser komplett einrichten. Ich benutze keinen Filterschlamm aus einem gut laufenden Becken, da sich darin Bakterien befinden, die die neuen Fische nicht kennen, siehe auch den Artikel über Quarantäne. Nach 2-3 Tagen setze ich die ersten Fische , bevorzugt robustere Arten wie Panzerwelse, Harnischwelse, Rüsselbarben, … ein. Nach weiteren 2-3 Tagen ohne Auffälligkeiten des Erstbesatzes folgt dann der Rest der Fische: Salmler, Barsche, Barben, Bärblinge… Bitte gerade am Anfang nur wenig füttern und Futterreste möglich einige Stunden nach der Fütterung entfernen. Gleichzeitig aber auch nur wenig in dem Becken arbeiten und dadurch die Fische beunruhigen. Im Prinzip wird das neu eingerichtete Becken als Quarantänebecken benutzt. Weil sich darin kaum Keime befinden, können sich die Keime, die die Fische mitbringen im Becken ausbreiten. Zur Sicherheit rate ich täglich den Nitritwert mit einem nicht überlagerten Tropftest zu kontrollieren. Leider kann ich hier keine genaueren Angaben machen, da ich schon seit über 10 Jahren kein Nitrit mehr messe und mich nur auf das Verhalten der Fische konzentrieren. Ich weiß aber noch das es ab einem Wert von 0,3mg/l langsam Zeit für einen Wasserwechsel wird. Empfindliche Fische zeigen schon vorher ein auffälliges Verhalten. Dann bitte schnell einen 50% Wasserwechsel, günstigerweise mit schon vorbereiteten, temperierten und durchlüfteten Wasser. Auch ohne Auffälligkeiten wechsele ich die ersten zwei Wochen alle 3-5 Tage die Hälfte des Wassers.
Die im Handel angebotenen Zaubermittel funktionieren alle mehr oder weniger gut, da habe ich nur wenige eigene Erfahrungen, sind aber nach meiner Meinung unnötig, genauso wie Wasseraufbereiter, Vitaminpräparaten, Geleefutter, vorsorglichen Behandlungen mit unbekannten Tropfen und auch den viel gelobten Seemandelbaumblättern.
Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Kurt Mack zur Verfügung gestellt, vielen Dank dafür!
Kommentare:
Sehr gut geschrieben.So hab ich es in den 70er gelernt und TuS heute noch genauso.
Reddy.O 01.11.2022Antworten